Philosophie
Weiterführende Texte
Politik
- Das Deutsche Kindermanifest
- Die ausführliche Argumentation
- Wahlrecht für Kinder – die Einwände
- Wahlrecht für Kinder – die Begründung
Das Deutsche Kindermanifest
Präambel
Die Menschenrechte sind unteilbar. Kinder, Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Jeder Mensch verfügt von Geburt an über die Fähigkeit der Selbstbestimmung. Das Selbstbestimmungsrecht des jungen Menschen anzuerkennen und junge Menschen in der Ausübung dieses Rechtes zu unterstützen ist historische Verantwortung und Verpflichtung erwachsener Menschen. Jeder junge Mensch muss ungeachtet seines Alters die Möglichkeit erhalten, von den Rechten, Privilegien und Verantwortlichkeiten erwachsener Menschen uneingeschränkt Gebrauch machen zu können.
I Grundlegende Rechte
Artikel 1
Recht auf Gleichheit
Junge und erwachsene Menschen sind gleichberechtigt. Kinder werden in keiner Situation schlechter gestellt als Erwachsene. Kinder haben nicht weniger Rechte als Erwachsene. Kinder dürfen generell alles tun, was Erwachsene im Rahmen der Gesetze tun dürfen.
Artikel 2
Recht auf freie Entfaltung
Kinder haben das Recht, ihre Persönlichkeit frei zu entfalten, soweit sie nicht die Rechte anderer beeinträchtigen.
Artikel 3
Recht auf rechtliche Verantwortung
Kinder haben das Recht, für ihr Leben und für ihre Taten die rechtliche Verantwortung zu übernehmen.
Artikel 4
Recht auf rechtliches Gehör
Kinder haben vor dem Gesetz und vor Gericht dieselben Rechte wie Erwachsene. Kinder können selbst vor Gericht klagen, um ihre Rechte durchzusetzen.
II Soziale Rechte
Artikel 5
Recht auf Teilnahme am Rechtsleben
Kinder haben das Recht, am Rechtsleben uneingeschränkt teilzunehmen. Sie können Verträge schließen, über Eigentum verfügen, Geschäfte eröffnen, Vereine und Parteien gründen und in jeder anderen Form rechtsverbindlich tätig sein.
Artikel 6
Recht auf Teilnahme am öffentlichen Leben
Kinder haben das Recht, öffentliche Funktionen zu übernehmen und Staatsämter zu bekleiden.
Artikel 7
Recht auf Teilnahme an Wahlen
Kinder haben das aktive und passive Wahlrecht.
Artikel 8
Recht auf freie Meinungsäußerung
Kinder haben das Recht, ihre Meinung in Wort und Medien frei zu äußern und zu verbreiten.
Artikel 9
Recht auf Arbeit gegen Entgelt
Kinder haben das Recht, gegen Entgelt zu arbeiten.
Artikel 10
Recht auf Wahl der Lebenspartner
Kinder haben das Recht, sich von bisherigen Lebenspartnern zu trennen und neue Lebenspartner zu wählen. Kinder können eine eigene Familie gründen.
Artikel 11
Recht auf Unterstützung
Kinder haben das Recht, von Erwachsenen in der Lebensführung unterstützt zu werden. Dieses Recht ist die wohlverstandene Pflege- und Erziehungspflicht des Grundgesetzes.
Artikel 12
Recht auf Mindesteinkommen
Kinder haben das Recht auf das staatliche Mindesteinkommen, das Erwachsenen zusteht.
III Individuelle Rechte
Artikel 13
Recht auf kinderfreundliche Geburt
Kinder haben das Recht auf eine kinderfreundliche Geburt, wie dies mindestens die Sanfte Geburt (Leboyer-Methode) gewährleistet.
Artikel 14
Recht auf körperliche Unversehrtheit
Kinder haben das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Es gibt keine Züchtigung.
Artikel 15
Recht auf freie Nahrungsaufnahme
Kinder haben das Recht, jedes Nahrungs- und Genussmittel, das Erwachsenen zugänglich ist, ungehindert aufzunehmen oder zu verweigern.
Artikel 16
Recht auf eigenen Namen
Kinder haben das Recht, sich einen eigenen Vornamen zu geben.
Artikel 17
Recht auf Privatleben
Kinder haben das Recht auf ein Privatleben. Dies gilt auch innerhalb der Familie.
Artikel 18
Recht auf Sexualität
Kinder haben das Recht, ihr Sexualleben selbst zu bestimmen und Nachkommen zu zeugen.
Artikel 19
Recht auf Selbstbestimmtes Lernen
Kinder haben das Recht, ihr Lernen selbst zu bestimmen. Es gibt keine Schulpflicht und keine Unterrichtspflicht.
Artikel 20
Recht auf religiöse Freiheit
Kinder haben das Recht, eine Religionszugehörigkeit zu wählen und zu lösen.
Artikel 21
Recht auf Freizügigkeit
Kinder haben das Recht, ihren Aufenthaltsort zu bestimmen. Kinder unterliegen keiner Sperrstunde und können freizügig reisen.
Artikel 22
Recht auf Dateninformation
Kinder haben das Recht auf Information über alle Daten, die über sie geführt werden.
Der AMICATION – Förderkreis e.V. proklamiert das Deutsche Kindermanifest 1980 auf dem Friedensmarkt in Münster/Westfalen vor dem historischen Saal des Westfälischen Friedens und vor dem Mahnmal der Opfer der Kriege und Gewalt. Das Deutsche Kindermanifest wird von Hubertus von Schoenebeck nach Vorlagen von John Holt und Richard Farson erarbeitet und am 3. Mai 1980 feierlich verlesen. Es wird der Öffentlichkeit durch die Zustellung an 150 Mediatoren aus Presse, Funk und Fernsehen übergeben.
Der AMICATION – Förderkreis e.V. ist sich dabei über die begrenzte Wirkung einer Proklamation bewusst. Es kommt nicht darauf an, utopische Forderungen in die Welt zu setzen, sondern es soll der deutschen Öffentlichkeit erstmals die Idee der Selbstbestimmung, der Gleichberechtigung und der politischen Emanzipation des Kindes umfassend in einer konkreten rechtlichen Perspektive vorgestellt und zugänglich gemacht werden. Es wird an der gesellschaftlichen Situation liegen, wann und in welchem Umfang die Rechte des Manifestes Realität werden. Der Förderkreis arbeitet hierfür als Erwachsenen-Selbsthilfeorganisation: Je mehr Erwachsene ein von der Erziehungstradition befreites Selbstverständnis annehmen, desto eher werden sich die Forderungen des Manifestes verwirklichen. Die Arbeit des Förderkreises ist langfristig angelegt, und im Unterschied zu kämpferischen Aktionen geht es dem Förderkreis um Angebot, Aufklärung und Beratung sowie um Toleranz gegenüber den Andersdenkenden.